- Vertrauen in die Regierung- & Regierungsverantwortliche gesunken: Nach der Bundestagswahl ist ein Gegensteuern gefragt – ohne Vertrauen in das Regierungshandeln können die gesellschaftlichen Herausforderungen nur schwer gelöst werden.
- Unternehmen in der Pflicht: Hierzulande wird ihnen beim Lösen von gesellschaftlichen Herausforderungen mehr Vertrauen entgegengebracht als der Regierung. Damit wächst für Unternehmen die Verantwortung, sich stärker gesellschaftlich zu positionieren und zu engagieren.
Berlin, 15. September 2021. Regierung und Institutionen in Deutschland sind seit Beginn der Corona-Pandemie mit volatilen Vertrauenswerten konfrontiert. Der Vertrauenszuwachs, den vor allem die Regierung zu Beginn der Pandemie verzeichnen konnte, schwindet und die Werte zeigen eine negative Tendenz. Auch die EU-Institutionen haben im Laufe der Pandemie an Vertrauen verloren. Gleichzeitig haben sich die Erwartungen der Menschen verändert: Sachthemen gewinnen weiter an Bedeutung und es werden konkrete Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen erwartet. Bei der Frage, wer die Herausforderungen lösen kann, setzen die Befragten ihr Vertrauen nicht nur in die Politik, sondern auch Unternehmen und der eigene Arbeitgeber rücken in den Fokus. Was der Vertrauensverlust und die veränderten Erwartungen für die Bundestagswahl und die neue Regierung bedeuten, analysiert Sebastian Kruse, Head of Public Affairs Edelman Deutschland, auf Basis der Daten des Edelman Trust Barometer 2021 Frühlings-Update „Eine Welt im Trauma“.
Abwärtstrend: Vertrauen in deutsche Regierung und die EU sinkt
Den Vertrauenszuwachs, den die Regierung zu Beginn der Pandemie von den Befragten erhielt, konnte sie nicht halten. Im Gegenteil: Nur noch 55 % der Deutschen sprechen der Regierung ihr Vertrauen aus. Damit ist der Wert um 4 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Dennoch bleibt die Regierung weiterhin die vertrauenswürdigste Institution in Deutschland, gefolgt von Unternehmen (54 %, +/-0 %pkt.), Medien (53 %; +1 %pkt.) und NGOs (47 %; +1 %pkt.)
Doch nicht nur bei den Institutionen hierzulande zeigt das Edelman Trust Barometer 2021 Frühlings-Update in Bezug auf Vertrauen eine sinkende Tendenz. Das Vertrauen der Deutschen in die Institutionen der EU hat signifikant abgenommen. Mit 46 % (- 5 %pkt.) ist dieser Abwärtstrend in Deutschland besonders dramatisch im Vergleich zu anderen befragten Ländern. Waren die Deutschen der EU gegenüber im Januar noch neutral eingestellt, sprechen sie nur fünf Monate später der EU ihr Misstrauen aus.
Misstrauensvotum für Regierungsverantwortliche
Auch bei der Frage, welchen Führungspersönlichkeiten die Befragten vertrauen, das Richtige zu tun, fällt die Antwort deutlich aus: 40 % der Deutschen sagen, dass sie Regierungsverantwortlichen vertrauen, 44 % CEOs und 49 % Journalist:innen – damit liegen alle im Misstrauensbereich. Lediglich der/die CEO des eigenen Arbeitgebers (64 %) und Wissenschaftler:innen (73 %) werden als vertrauenswürdige Führungspersönlichkeiten eingeschätzt.
„Die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren, nicht nur gesellschaftlich und wirtschaftlich, sondern auch politisch. Das Vertrauen in zentrale Akteure sinkt. Die Bürger:innen werden zunehmend unsicher. Deswegen müssen politische Akteure in Deutschland wieder mehr Vertrauen in ihr eigenes Handeln gewinnen.
Entscheidend im Wahlkampf ist, dass Vertreter:innen aller demokratischen Parteien die Wähler:innen von den eigenen Problemlösungsfähigkeiten überzeugen. Gleichzeitig bedeutet das zwangsläufig für die neue Regierung, das Vertrauen in sie als zentralen Akteur staatlichen Handelns zu stabilisieren und zu stärken, will man gesellschaftliche Herausforderungen wie zum Beispiel den Klimawandel oder die Pandemie meistern.”
Sebastian Kruse, Head of Public Affairs Edelman Deutschland
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bezüglich Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit: 34 % der in Deutschland Befragten sagen, dass beide Werte für nationale Regierungsverantwortliche hoch waren, aber im letzten Jahr deutlich gesunken sind. Lediglich 17 % sagen, dass sie niedriger waren und im vergangenen Jahr signifikant angestiegen sind.
Regierung steht beim Lösen gesellschaftlicher Herausforderungen hinten an
Die möglichen Gründe für mangelndes Vertrauen in die Regierung und deren Verantwortliche sind vielschichtig: Die Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen von den Deutschen beim Lösen von gesellschaftlichen Herausforderungen als gleich gut oder besser bewertet werden – selbst bei Aufgaben, die traditionell von der Regierung wahrgenommen werden. Ob
- beim Schaffen von Wirtschaftswachstum oder von Arbeitsplätzen (8 Punkte Unterschied),
- beim Reagieren auf Gesundheitsthemen und Aspekte der öffentlichen Sicherheit im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (5 Punkte Unterschied),
- dem Sicherstellen, dass das Bildungssystem die Menschen auf die Arbeitsplätze der Zukunft vorbereitet (5 Punkte Unterschied),
- die Bekämpfung von systembedingten Ungleichheiten (4 Punkte Unterschied),
- dem Adressieren des Klimawandels (2 Punkte Unterschied)
- und dem Schutz der Informationsqualität (1 Punkt Unterschied).
Insgesamt schneiden Unternehmen in allen Bereichen besser ab als die Regierung. Lediglich bei der Verbesserung des Gesundheitssystems kann die Regierung einen Punkt für sich gewinnen.
„In Deutschland wird besonders Unternehmen vergleichsweise viel Vertrauen entgegengebracht. Daraus ergibt sich ein klares Mandat, das Vertrauen positiv einzusetzen und mit Leben zu füllen. Ein partnerschaftlicher Ansatz und ein gemeinschaftliches Engagement von Unternehmen mit staatlichen Akteur:innen, der Wissenschaft und NGOs kann ein Weg zur Lösung der sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen sein.
Die Wege hierzu sind vielfältig: Unternehmen und ebenso deren CEOs müssen vertrauenswürdige Informationsquellen bereitstellen, Fakten mit Empathie verknüpfen und entsprechend kommunizieren und vor allem auch Transparenz und Offenheit zeigen.“
Sebastian Kruse, Head of Public Affairs Edelman Deutschland
Denn die Erwartungshaltung an Unternehmen wächst: 53 % der Deutschen sagen, dass ihr Land nicht in der Lage sein wird, die Herausforderungen ohne das Engagement von Unternehmen zu lösen. 31 % der Deutschen sagen, dass CEOs bei sozialen Herausforderungen nicht ausreichend involviert werden. Ebenfalls wünschen sich die Befragten mehr Engagement von ihnen bei politischen Herausforderungen (14 %).
Über das Edelman Trust Barometer 2021 Frühlings-Update
Das Edelman Trust Barometer 2021 Frühlings-Update: „Eine Welt im Trauma“ ist ein Update des Edelman Trust Barometers 2021. Die Umfrage wurde von Edelman Data & Intelligence (DxI) zwischen dem 30. April und 11. Mai 2021 durchgeführt und umfasste mehr als 16.800 Befragte in 14 Märkten: Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Deutschland, Indien, Japan, Mexiko, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, VAE, Großbritannien und USA. 1.200 Personen wurden in jedem Markt befragt, davon 100 aus der informierten Öffentlichkeit. Alle Befragten aus der informierten Öffentlichkeit erfüllten die folgenden Kriterien: 25-64 Jahre alt, Hochschulabschluss; Haushaltseinkommen im obersten Quartil für ihr Alter in ihrem Land; lesen oder sehen mindestens mehrmals pro Woche Wirtschafts-/Nachrichtenmedien; verfolgen mindestens mehrmals pro Woche politische Themen in den Nachrichten.
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